Bad Buchau sz Ein neues „Haus mit Herz“ ist am Samstag in Bad Buchau eingeweiht worden. Ein offenes Haus für die und mit der Bürgerschaft in Bad Buchau, in dem nicht die Pflege im Vordergrund steht, sondern die Begegnung. Unter der Trägerschaft der Seniorengenossenschaft Riedlingen ist im Erdgeschoss der ehemaligen Post und dem Schreibwarengeschäft Müller eine Tagespflegeeinrichtung entstanden. Barrierefrei, zentral gelegen, ausbaufähig.
Martin Gerster, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Biberach, war die Freude über die neue Einrichtung anzusehen: „Ich finde es unglaublich, was hier entstanden ist.“ Und er empfahl: „Machen Sie aus diesen Räumlichkeiten einen Ort des Lebens: sozial, friedlich, von Menschen für Menschen.“ Hier könne sich ein Miteinander entfalten.
Ein bewunderndes „Wow!“ entfuhr Buchaus Bürgermeister Peter Diesch bei der Begehung der neuen Räume; seine Begeisterung darüber, was aus der alten Post entstanden ist, war deutlich. Auch die Musiker, die als Abordnung der Stadtkapelle spielten, nickten anerkennend beim Betreten des großen zentralen Raums. Und ein potenzieller Gast sagte: „Da kann man Ihnen bloß gratulieren zu dem schönen Haus!“
Hell, hoch, offen, in Weiß und sanftem Grün, mit einem hellen Fußboden, zahlreichen Fenstern und reichlich Sonne durch das große Oberlicht: So präsentiert sich der große Tagesraum. Ein Bereich ist eingerichtet mit mehreren Tischen und passenden Stühlen, die Raummitte großzügig freigehalten. Das Dienstzimmer ist hinter einer Glasscheibe sichtbar. Durch eine freistehende Wand ist eine Küchenzeile abgetrennt. Hinter der abgeschrägten, nach oben offenen Trennwand stehen die Ruhesessel und ein Sofa, im angrenzenden Raum ohne Tür zwei Betten. Im weiß und gelb gehaltenen Sanitärbereich gibt es auch eine Pflegedusche. Im kleinen Raum an der Ecke steht eine Therapieliege; auch als Besprechungszimmer ist das Zimmer nutzbar. Beim Betreten von der Straßenseite her bimmelt ein Glöckchen. Der rückwärtige Eingang – ehemals der Bereich der Anlieferung – ist ohne Treppen; er kann direkt von außen angefahren werden – ideal für den Fahrdienst und für Rollstuhlfahrer.
„Jeder wird willkommen sein“, so Michael Wissussek – Einrichtungsleiter, Initiator, Ideengeber und Aufsicht des Umbaus –, soll das Raumkonzept ausdrücken. Um Lebensqualität gehe es ihm. In keinem Pflegehandbuch stehe ein „Dankeschön“; das möchte
er mit diesem Ambiente auch weitergeben an die Senioren. Es soll zu spüren sein. Bürgermeister Diesch, aufgewachsen in unmittelbarer Nachbarschaft, hat die wechselvolle Geschichte des Hauses mit verfolgt. Mit einem „lachenden und einem weinenden Auge“ sehe er die Tagespflegegäste Betreuer aus ihrem bisherigen Standort neben dem Rathaus ausziehen. Weinend, weil ihm und den Rathausmitarbeitern das Singen der Volkslieder fehlen werde. Und lachend, da weiterhin Leben im Post-Haus sei. „Es ist toll, dass solch eine Einrichtung nun in Bad Buchau steht.“
Ähnliche Worte fand der Vertreter des Landrats und Amtsleiter für Soziales im Landratsamt Biberach, Frank Gmeinder: „Die Stadt Bad Buchau kann ich nur beglückwünschen zu dieser Einrichtung und wünsche dem Haus und seinen Tagepflegegästen einen tollen Start.“ Dass sich wie hier Bürger für Bürger einsetzen lebe die Seniorengenossenschaft Riedlingen seit 25 Jahren vor. Auch der Landkreis beschäftige sich mit den Fragen zu Strukturen und ambulanten Pflegeplätzen, sehe große Herausforderungen in der pflegerischen Versorgung und der Zunahme von pflegebedürftigen Menschen. Ohne das ehrenamtliche Engagement seien viele Angebote nicht möglich.
Gedanken, im Winde verweht
Und Josef Martin, Vorsitzender der Seniorengenossenschaft Riedlingen, sprach neben seinem Dank an alle Beteiligten die Veränderung der Lebenssituation an; nur im Verbund mit bürgerschaftlichem Engagement sei der „große Berg älterer Menschen“ bei sinkenden Alterseinkommen zu schaffen. Diese Einrichtung biete den Senioren eine Möglichkeit, anderen Menschen zu begegnen und den pflegenden Angehörigen eine Entlastung. Daneben sei die Betreuung demenziell Erkrankter mit dem geschulten Personal geboten.
Eine Luftballonaktion sollte ebenfalls auf die Krankheit „Demenz“ aufmerksam machen. „Eine lustige und luftige Angelegenheit mit ernstem Hintergrund“, nannte sie Michael Wissussek: Es solle immer jemand da sein, der einen hält. „Was wäre, wenn Ihre Gedanken eines Tages im Winde verwehen?“, stand daher auf den Postkarten, die die grünen Luftballons in die klare Herbstluft trugen. Die für die Bewirtung der zahlreich erschienen Gäste zuständigen Moorochsen spendeten am Ende der Feier 200 Euro aus dem Erlös des Tages. Das „Haus mit Herz“ im ehemaligen Postgebäude an der Schussenrieder Straße ist geöffnet von Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr, bei Bedarf auch an Wochenenden. Tagespflege ist möglich ganztags, halbtags oder auch stundenweise. Die Tagessätze richten sich nach der Einstufung der Pflegeversicherung mit einem Eigenanteil. Auch ein Abholen und Heimbringen durch den Fahrdienst ist möglich. „Jeder kann kommen“, sagt der Leiter der Einrichtung Michael Wissussek, „auch an Demenz erkrankte Menschen, im Sinne der Integration und soweit es die Diagnose zulässt.“ Zum Mittagessen für Externe ist bis 8.30 Uhr eine Anmeldung erforderlich unter der Telefonnummer 07582/9334730.